Unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch: Auf diese Fragen musst du nicht antworten!

Bewerbungsgespräche können ziemlich unangenehm werden. Nicht immer ist dieses Unbehagen jedoch der Nervosität des Bewerbers geschuldet. Hin und wieder sorgen auch Fragen des Personalers für betretenes Schweigen. Und zwar dann, wenn der Personaler zu privat wird und beim Versuch, den Jobkandidaten auf Herz und Nieren zu prüfen, weit übers Ziel hinausschießt. Denn längst nicht alle Fragen sind bei einem Bewerbungsgespräch zulässig.

Auf welche Fragen man nicht antworten muss, verraten wir euch in diesem Artikel!

Das Wichtigste in Kürze

  • Personaler haben zwar ein weitreichendes, aber dennoch begrenztes Fragerecht
  • Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) regelt, welche Fragen erlaubt sind
  • Fragen zu privaten bzw. sachfremden Inhalten sind in der Regel unzulässig und müssen nicht beantwortet werden
  • Stellt der Personaler eine laut Gesetz unzulässige Frage, hat der Arbeitnehmer das Recht zur Lüge
  • Ausnahme: Sind spezielle Informationen für den jeweiligen Job von Bedeutung und hat der Arbeitgeber daher ein berechtigtes Interesse daran, diese Informationen über einen Bewerber zu erhalten, muss dieser die Fragen beantworten – und zwar wahrheitsgemäß
  • In manchen Bereichen obliegt dem Arbeitnehmer sogar eine Offenbarungspflicht, d.h. er hat ungefragt auf entsprechende Umstände (z.B. Vorstrafen) hinzuweisen

Die Rechtslage: Das sagt das Gesetz

Trickfragen sind fies. Fangfragen noch viel fieser. Und dennoch greifen viele Personaler während eines Bewerbungsgesprächs immer wieder auf Fragen zurück, die etwas mehr Raffinesse aufweisen, um die Bewerber gründlich auf Herz und Nieren zu prüfen. Ein Griff in die Trickkiste ist ja auch erlaubt. Schließlich soll und muss der Personaler den potenziellen Jobkandidaten natürlich auf den Zahn zu fühlen. Dennoch können sich auch Personaler nicht alles erlauben. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) regelt eindeutig, welche Fragen unzulässig sind.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz:

Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist es, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“ (§ 1 des AGG). Ein besonders großer Anwendungsbereich des AGG ist dabei das Arbeitsrecht.

Das AGG regelt hierbei nicht nur das Arbeitsverhältnis, sondern es setzt bereits während des Bewerbungsprozesses an. Denn auch im Vorstellungsgespräch sind die Grenzen des Erlaubten klar geregelt. Grundsätzlich gilt: Ein Personaler darf nur nach Informationen fragen, die in Zusammenhang mit dem Job stehen oder an denen er ein berechtigtes Interesse hat.

Das AGG schützt also die Persönlichkeitsrechte des Bewerbers. Unzulässige Fragen müssen aus juristischer Sicht daher nicht beantwortet werden – zumindest nicht wahrheitsgemäß. Da die Nichtbeantwortung einer Frage unter Umständen eine Benachteiligung im Bewerbungsprozess zur Folge haben kann, besteht laut Gesetz hier das Recht zur Lüge.

Grundsätzlich sind folgende Fragen unzulässig:

  • Fragen zur Familienplanung
  • Fragen zur gesundheitlichen Situation
  • Fragen zu privaten Ansichten
  • generell Fragen zum Privatleben
  • Fragen zum Alter
  • Fragen zur ethnischen Herkunft

Es gibt jedoch Ausnahmen. Hat der Arbeitgeber ein gesteigertes berechtigtes Interesse daran, spezielle Auskünfte über einen Bewerber zu erhalten, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber diese Informationen (ggf. sogar ungefragt) mitzuteilen. Sind bestimmte Information also für den jeweiligen Job relevant, darf der Personaler auch diese normalerweise unzulässigen Fragen stellen.

Als Beispiel: Wer einen Job als Bankangestellter oder Kassierer anstrebt, kann durchaus zu privaten Umständen wie den Vermögensverhältnissen, insbesondere Schulden befragt werden. Auch mögliche Vorstrafen müssen zuweilen offen gelegt werden. Juristen oder angehenden Polizeibeamte müssen bei einer Bewerbung in solchen Fällen sogar einer Offenbarungspflicht nachkommen. Hier gilt das Recht zur Lüge somit explizit nicht.

Klingt kompliziert? Das mag sein! Schließlich gilt auch beim AGG: Ausnahmen bestätigen die Regel. Im Folgenden versuchen wir daher noch einmal Licht ins Dunkel zu bringen!

Auf diese Fragen muss man nicht antworten

Die Regelungen des AGG sind nicht immer eindeutig und bieten einen gewissen Spielraum, dennoch gibt es gewisse Faustregeln, die man sich merken sollte. Folgende Fragen gelten normalerweise als unzulässig:

1.) Fragen zur Familienplanung

Bewerber sind nicht verpflichtet, Fragen zum Familienstand, zur sexuellen Neigung, zu einer eventuell bestehenden Schwangerschaft oder zum Kinderwunsch zu beantworten. Auch über die Tätigkeit des Partners braucht man keine Auskunft zu geben. Das gilt in gleicher Weise für Angaben zu anderen Familienmitgliedern oder Verwandten. Hier hat der Arbeitgeber kein rechtlich legitimiertes Interesse daran, diese Informationen einzuholen.

Will ein Personaler also z.B. wissen, ob man vorhat in den nächsten zwei Jahren ein Kind zu bekommen, darf man getrost zu einer Lüge greifen und „Nein“ sagen, auch wenn der Kinderwunsch besteht.

2.) Fragen zur gesundheitlichen Situation

Auch Fragen zur gesundheitlichen Situation sind unzulässig. Der Bewerber muss weder zu seinem derzeitigen Gesundheitszustand noch zu einer eventuell vorhandenen Behinderung noch zu vergangenen Erkrankungen Auskunft geben. Auch zu Fragen bezüglich möglicher schwerer Krankheiten in der Familie muss sich ein Bewerber nicht äußern.

Ausnahmen ergeben sich hierbei jedoch, wenn der Arbeitgeber aufgrund der speziellen Anforderungen des Jobs berechtigte Zweifel an der Eignung des Bewerbers hat.

Sollte eine Krankheit die Eignung des Bewerbers für den Job auf Dauer oder aber in regelmäßig wiederkehrenden Abständen erheblich beeinträchtigen oder sollte ein Bewerber eine ansteckende Erkrankung haben und besteht somit die Gefahr, dass er andere Kollegen oder Kunden gefährden könnte, obliegt dem Bewerber sogar eine Offenbarungspflicht. Hier muss der Bewerber dem Arbeitgeber also Auskunft darüber geben, auch ohne gefragt zu werden.

3.) Fragen zu privaten Ansichten

Wie bereits erwähnt steht jedem Arbeitnehmer eine schützenswerte Privatsphäre zu, zu der er keine Auskunft erteilen muss. Ein Bewerber ist daher in der Regel nicht verpflichtet, auf Fragen zu seinen privaten Ansichten zu antworten. Derartige Fragen wären z.B. Fragen zur Religion und Konfession, zu einer Parteizugehörigkeit oder zur Gewerkschaftszugehörigkeit.

Ausnahmen ergeben sich hierbei jedoch bei konfessionellen oder parteipolitischen Arbeitgebern.

4.) Generell Fragen zum Privatleben

Fragen zum Privatleben sind generell unzulässig. Hierzu zählen auch Fragen zu Vorstrafen, Straftaten oder Gefängnisaufenthalten sowie zu einer möglichen Verschuldung und/oder zu den Vermögensverhältnissen in der Familie.

Ausnahmen bilden hierbei Stellenausschreibungen für Führungskräfte. Hier besteht besonderes und auch berechtigtes Interesse an einer wahrheitsgemäßen Beantwortung der Frage nach den Vermögensverhältnissen. Ist für die zu besetzende Stelle also ein besonderes Maß an Vertrauen erforderlich und hat der Arbeitgeber daher ein begründetes Interesse an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers, darf die Frage nach den Vermögensverhältnissen gestellt werden. Dies ist z.B. auch dann der Fall, wenn der Bewerber in der angestrebten Tätigkeit entweder mit Geld umgehen muss oder die Gefahr der Bestechung gegeben ist.

Die Frage nach einer Vorstrafe kann unter Umständen ebenfalls zulässig sein. Und zwar dann, wenn die Vorstrafe für den entsprechenden Arbeitsplatz relevant ist. So darf ein Taxi-Fahrer etwa nach Verkehrsdelikten oder ein Kassierer nach Strafen wegen Vermögensdelikten gefragt werden, ein sich bewerbender Erzieher aber beispielsweise nicht.

Wurde ein Bewerber bereits zu einer Haftstrafe verurteilt, besteht sogar eine Offenbarungspflicht.

5.) Fragen zum Alter

Das AGG verbietet ausdrücklich die Diskriminierung aus Gründen des Alters. Fragen nach dem Alter sind daher generell unzulässig. Fragen nach der beruflichen Erfahrung des Bewerbers, die natürlich entsprechend auch Rückschlüsse auf das Alter zulassen, sind jedoch wiederum erlaubt und müssen wahrheitsgemäß beantwortet werden.

6.) Fragen zur ethnischen Herkunft

Das AGG verbietet eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft. Gezielte Fragen nach der Herkunft sind somit unzulässig. Fragen nach der Muttersprache bzw. allgemein nach den Sprachkenntnissen des Arbeitnehmers hingegen sind erlaubt – auch wenn sie natürlich durchaus Rückschlüsse auf die Herkunft zulassen.

Drei Optionen, mit unzulässigen Fragen umzugehen

Längst nicht alle Personaler halten sich an die Vorgaben des AGG. Daher tauchen unzulässige Fragen immer wieder in Vorstellungsgesprächen auf. Um dennoch nicht ins Trudeln zu geraten, ist es wichtig, richtig auf solche unerlaubten Fragen zu reagieren. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten:

1.) Das Spiel mitspielen und antworten

Stellt der Personaler eine unzulässige Frage, ist es die einfachste Möglichkeit, das Spiel einfach mitzuspielen und die Frage normal zu beantworten. Hierbei ist es natürlich jedem selbst überlassen, ob er die Wahrheit sagen möchte.

Wer auf eine unzulässige Frage antwortet – ob wahrheitsgemäß oder nicht – verschafft sich den Vorteil, dass das Gespräch im Anschluss vermutlich wie bisher weiterlaufen wird. Der Gesprächspartner fühlt sich nicht auf den Schlips getreten, die Atmosphäre bleibt ungetrübt.

2.) Auf den Fehler hinweisen

Eine weitere Möglichkeit ist es, die unzulässige Frage direkt anzusprechen. Am besten gelingt das, indem man den Personaler höflich fragt, was z.B. die Familienplanung mit der Ausübung der Tätigkeit zu tun hat, um die man sich bewirbt. Das kostet sicherlich etwas Überwindung und kann ggf. nach hinten losgehen. Es kann den Personaler aber auch beeindrucken.

3.) Konsequenzen ziehen

Stellt der Personaler eine unzulässige Frage nach der nächsten, spricht das nicht unbedingt für ihn und somit auch nicht gerade für das Unternehmen, das er vertritt. In diesem Fall ist es durchaus legitim, noch während des Gesprächs Konsequenzen zu ziehen. Wer möchte schon für eine Firma arbeiten, die derart engstirnig ist und die Privatsphäre der Mitarbeiter nicht respektiert!?

In diesem Fall sollte man sich für das Gespräch bedanken, aber die Unterhaltung beenden. Hat es der Personaler eindeutig übertrieben und einen offensichtlich mit den gestellten Fragen diskriminiert, kann im Anschluss sogar eine Klage in Betracht gezogen werden.

Generell gilt:

Es bleibt jedem Bewerber selbst überlassen, ob er auf eine unzulässige Frage antworten möchte oder nicht. Auch, inwiefern die Frage wahrheitsgemäß oder mit einer Lüge beantwortet wird, liegt im Ermessen jedes einzelnen Bewerbers. Da es unter Umständen jedoch von Nachteil sein kann, nicht auf eine Frage zu antworten, entscheiden sich viele Bewerber für die Lüge. Andere wiederum sind der Meinung, dass es notwendig ist, bereits im Bewerbungsgespräch klare Grenzen zu ziehen.

Ganz gleich, für welche Möglichkeit man sich entscheidet, es ist stets wichtig, gelassen zu bleiben und sich von einer unzulässigen Frage nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Am besten überlegt man sich daher bereits im Vorfeld des Bewerbungsgespräches, wie man mit einer solchen Frage umgeht.

Fazit

Das Privatleben eines Bewerbers ist für den Arbeitgeber grundsätzlich tabu. Als Arbeitnehmer hat man eine schützenswerte Privatsphäre, deren Inhalte man laut dem AGG nicht mit dem Arbeitgeber teilen muss. Bei einem Bewerbungsgespräch darf daher nicht nach privaten oder sachfremden Inhalten gefragt werden. Da Ausnahmen jedoch auch hier die Regel bestätigen, sollten Bewerber ihre Rechte kennen und ggf. auch Grenzen setzen. Wo diese Grenzen liegen, bleibt jedoch jedem selbst überlassen.

Wichtig ist es jedoch, sich vor Augen zu führen, dass man sich auch als Jobsuchender längst nicht alles gefallen lassen muss!

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