Vor- und Nachteile der Kleinunternehmerregelung

Viele Menschen träumen von einer freiberuflichen Tätigkeit als Grafikdesigner, Journalist oder Dozent. Anderen schwebt eine Geschäftsgründung als Domainhändler oder im eCommerce vor. Wenn du dir haupt- oder nebenberuflich eine Existenz aufbauen möchtest, stellt sich die Frage: Ist es sinnvoll, am Anfang die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen oder nicht? Wir klären über die wichtigsten Vor- und Nachteile der Kleinunternehmerregelung auf und zeigen dir, in welchen Fällen sie sich für dich lohnt und in welchen du besser darauf verzichten solltest.

Voraussetzungen für die Kleinunternehmer-Regelung

Als Kleinunternehmer darf dein jährlicher Umsatz laut §19 UstG die Summe von 17.500,- € nicht übersteigen. Solange deine Einkünfte unter dieser Summe liegen, bleibst du Kleinunternehmer.

Erzielst du irgendwann in einem laufenden Geschäftsjahr einen höheren Umsatz, ist das unproblematisch, solange du nicht über 50.000,- € kommst. Den Status „Kleinunternehmer“ behältst du in dem jeweiligen Jahr trotzdem. Du brauchst also nicht befürchten, dass das Finanzamt Umsatzsteuer nachfordert. Übrigens: Selbst wenn du über 50.000,- € kommst, hast du aller Wahrscheinlichkeit nach nichts zu befürchten. Dann wird geprüft, ob damit zu rechnen war, dass sich dein Geschäft derart rasant entwickeln würde.

Im darauffolgenden Jahr wechselst du allerdings dann automatisch zur Regelbesteuerung. Deine Umsätze solltest du darum unbedingt gut im Blick behalten. Selbst wenn du nur geringfügig über die Grenze von 17.500,- € Umsatz rutschst, verlierst du deinen Status als Kleinunternehmer. Wichtig: Maßgeblich ist nicht dein Gewinn, sondern dein Umsatz. Das heißt, deine Einnahmen, bevor du deine Kosten abgezogen hast. Solltest du nicht bemerken, dass du inzwischen der Umsatzsteuerpflicht unterliegst und die Umsatzsteuer nicht auf deinen Rechnungen ausweisen, kann es teuer werden. Das Finanzamt wird die Umsatzsteuer von dir einfordern, selbst, wenn du sie nicht extra eingenommen hast.

Berechnung des Umsatzes im Gründungsjahr

Im Gründungsjahr kannst du deinen Umsatz lediglich schätzen. Wenn es wahrscheinlich ist, dass du unter 17.500,- Jahresumsatz bleibst, kannst du die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. Dabei wird monatsgenau gerechnet. Wenn du dich z.B. am 3. April selbständig machst, kannst du während des bereits angebrochenen Jahres nur noch 9 Monate lang Umsätze erzielen. Für dich beträgt die Umsatzgrenze in diesem Fall nicht 17.500,- €, sondern nur 13.125,- €.

Als Kleinunternehmer mehrere Unternehmen anmelden?

Manch ein Gründer kommt auf die vermeintlich pfiffige Idee, gleich mehrere Betriebe als einzelne „Kleinunternehmen“ anzumelden, um damit die Ausweisung der Umsatzsteuer zu umgehen. Das funktioniert nicht. Du kannst zwar durchaus mehrere Gewerbebetriebe und freiberufliche Tätigkeiten anmelden. Stammen deine Einkünfte jedoch aus umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeiten, werden die Umsätze aus sämtlichen Tätigkeiten addiert. Das heißt, du darfst insgesamt trotzdem nur 17.500,- € umsetzen, egal, wie viele Geschäfte du angemeldet hast. Die Kleinunternehmerregelung ist an dich als Person gebunden.

Es gibt allerdings Leistungen, für die ohnehin keine Umsatzsteuer anfällt. Dazu gehören zum Beispiel Heilbehandlungen oder die Tätigkeit als Dozent beziehungsweise Lehrbeauftragter. Eine umsatzsteuerbefreite Beschäftigung hat keinen Einfluss auf die Kleinunternehmerregelung. Ob du die Umsatzgrenze mit Ausübung der umsatzsteuerbefreiten Tätigkeit sprengst, ist egal.

Ein Beispiel: Angenommen, du arbeitest freiberuflich als Nachhilfelehrer und gibt zusätzlich Unterricht an der Volkshochschule. Das bringt dir Jahreseinkünfte in Höhe von 24.000,- € im Jahr ein. Um deine Einkommenssituation zu verbessern, beschließt du, mit einem eBay-Shop zusätzlich etwas Geld zu verdienen. Bis zu 17.500,- € darfst du damit zusätzlich an Einnahmen generieren. Insgesamt beliefe sich diesem Fall nach dein Einkommen auf 41.500,- €. Das gefährdet deinen Status als Kleinunternehmer nicht.

Umsatzsteuerfreie Berufe und Tätigkeiten laut § 4 Nr. 11 bis 28 UStG (Auswahl)

  • Heilbehandlungen durch Ärzte (einschließlich Zahnärzte und Tierärzte)
  • Heilpraktiker
  • Physiotherapeuten
  • Hebammen
  • Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler
  • Selbständige Dozenten, Lehrbeauftragte und Nachhilfelehrer
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken

Pflichten als Kleinunternehmer

Zusätzlich zu den üblichen Rechnungsangaben musst du in deinen Rechnungen einen Zusatz integrieren, der auf deinen Kleinunternehmerstatus hinweist. Ein paar gängige Formulierungen:

  • „Im ausgewiesenen Rechnungsbetrag ist gemäß § 19 UStG keine Umsatzsteuer enthalten.“
  • „Kein Ausweis der Umsatzsteuer aufgrund der Anwendung der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG)“
  • „Gemäß § 19 UStG enthält der Rechnungsbetrag keine Umsatzsteuer.“
  • „Ein Ausweis der Umsatzsteuer entfällt aufgrund der Kleinunternehmerregelung laut § 19 UStG.“
  • „Als Kleinunternehmer im Sinne von § 19 Abs. 1 UStG wird die Umsatzsteuer nicht berechnet.“

Vorteile der Kleinunternehmerregelung

1. Einfache Buchführung

Viele Gründer schreckt der Gedanke an den Papierkram ab. Ein dicker Pluspunkt besteht in dem geringeren bürokratischen Aufwand. Als Kleinunternehmer musst du keine Umsatzsteuer in deinen Rechnungen ausweisen und folglich auch nicht an das Finanzamt abführen. Auch bei den Betriebsausgaben brauchst du nicht zwischen Brutto und Netto unterscheiden. Das vereinfacht dir die Buchführung.

2. Günstiger für B2C-Kunden (Wettbewerbsvorteil)

Falls deine Kunden ausschließlich oder mehrheitlich Privatkunden sowie Kleinunternehmer sind, hat du einen weiteren nicht zu unterschätzenden Vorteil: Du kannst deine Dienstleistungen oder Produkte bei einer Regelbesteuerung von 19 % USt. um 16 % günstiger anbieten als deine Konkurrenz. Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Nehmen wir an, du bist als Lektorin tätig und berechnest für die Durchsicht einer 5-seitigen Studienarbeit 100,- €. Dann ist dieser Betrag für deinen direkten Kunden der Endpreis. Dein regelbesteuerter Konkurrent bietet dem Studenten dieselbe Leistung zum Preis von 100,- € plus 19 % Umsatzsteuer für insgesamt 119,- € an. Klarer Pluspunkt für dich. Im B2C-Bereich kann sich die Kleinunternehmerregelung auszahlen. (Besteht deine Klientel aus Geschäftsleuten, die sich den Vorsteueranteil erstatten lassen können, hast du keinen Wettbewerbsvorteil. Für regelbesteuerte Geschäftspartner spielt die Umsatzsteuer keine Rolle, da sie selbige erstattet bekommen.)

Nachteile der Kleinunternehmerregelung

1. Probleme bei späterer Preisanpassung

Entwickelt sich dein Geschäft gut, wirst du irgendwann zur Regelbesteuerung wechseln müssen. Dann kann es schwierig werden, bei Privatkunden und weniger erfolgreichen Kleinunternehmern die aus ihrer Sicht gestiegenen Preise bei gleichbleibender Leistung durchzusetzen. Möglicherweise gehen dir durch den Wechsel einige deiner Stammkunden verloren.

2. Amateur-Image

Ein weiterer Nachteil betrifft dein geschäftliches Image. Angenommen, du hast dich als Übersetzer für Chinesisch-Deutsch selbständig gemacht. Deine Kunden sind mehrheitlich Geschäftsleute. Auf die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung musst du spätestens auf deiner Rechnung hinweisen. Teilweise kommt dein Status aber bereits bei Preisverhandlungen zur Sprache. Das heißt, deine Klienten wissen, dass du als Dienstleister lediglich 1.458 € monatlich umsetzt. Daraus schlussfolgern sie zwei Dinge:

  1. Du arbeitest nicht in Vollzeit beziehungsweise hauptberuflich als Chinesisch-Deutsch-Übersetzer.
  2. Bei einem derartig niedrigen Verdienst kannst du kein ernstzunehmender Profi sein.

Das kann dazu führen, dass versucht wird, deine Preise zu drücken. Eine Gefahr ist dies vor allem bei wenig finanzkräftigen Auftraggebern, die alles vor allem billig haben wollen. Für sehr anspruchsvolle Aufgaben wirst du als vermeintlicher Hobby-Übersetzer nicht (mehr) eingesetzt. Große Firmen, die wirklich umfangreiche Aufträge für Übersetzer haben, geben sich in der Regel nicht mit Kleinunternehmern ab. Sie brauchen verlässliche Profis.

3. Höhere Betriebsausgaben

Dieser Punkt ist nicht zu unterschätzen, falls du teure Anschaffungen für Büro, Werkstatt, die Ausstattung von Geschäftsbereichen oder sonstiges Equipment tätigen musst. In diesem Fall macht sich das Fehlen der Vorsteuerabzugsberechtigung schmerzlich bemerkbar. Anders als Regelbesteuerte bekommst du die entrichtete Umsatzsteuer nämlich nicht zurück. Das Geld geht dir verloren. Im Klartext heißt das: Deine Betriebsausgaben steigen. Dieser Punkt fällt auch bei den laufenden Kosten ins Gewicht. Existenzgründer neigen dazu, diese Ausgaben zu unterschätzen. Selbst, wenn du ein absoluter Minimalist und Sparfuchs bist, brauchst du in deinem Büro Tinte oder Toner für deinen Drucker, Papier, Schreibgeräte und vieles mehr.

Die Kleinunternehmerregelung lohnt sich für dich, wenn

  • deine Buchführung so einfach wie möglich sein soll
  • du nur nebenberuflich erwerbstätig bist und keinen höheren Umsatz anstrebst
  • deine Klientel aus Privatkunden besteht
  • dich das Amateur-Image nicht stört
  • du keine Anschaffungen tätigen musst und nur minimale laufenden Kosten hast

Die Kleinunternehmerregelung lohnt sich für dich nicht, wenn

  • du als Gründer oder Freiberufler Vollzeit erwerbstätig bist
  • Betriebsausgaben aufgrund von Anschaffungen anstehen
  • höhere laufende Kosten zu tragen sind
  • deine Kunden aus dem B2C-Bereich stammen
  • du nicht als Amateur gelten willst

Was die Regelbesteuerung bedeutet

Du musst das Finanzamt über deine Geschäftsgründung beziehungsweise die Aufnahme deiner freiberuflichen Tätigkeit informieren. Auf dem steuerlichen Erfassungsbogen hast du die Wahl – unabhängig von deinem erwarteten Umsatz – auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Das bedeutet, dass du in deinen Rechnungen die Umsatzsteuer extra ausweisen musst. Vorteil für dich: Bei sämtlichen Neuanschaffungen darfst du ab jetzt die Umsatzsteuer wegdenken. Gibst du den Kleinunternehmerstatus auf, musst du das deinem Finanzamt mitteilen.

Ab sofort ist eine Umsatzsteuervoranmeldung nötig. Du trägst ein, was du an Umsatzsteuer eingenommen hast und rechnest davon die Umsatzsteuer ab, die du bei eigenen Anschaffungen entrichtet hast. Die Differenz wird an das Finanzamt überwiesen. Gründer sind verpflichtet, die Umsatzsteuer in den ersten beiden Geschäftsjahren monatlich zu melden und abführen. Später ist eventuell, je nach Betriebsgröße und Umsatz, ein anderer Rhythmus vereinbar. Außerdem ist einmal im Jahr eine Umsatzsteuererklärung abzugeben.

Wie die Umsatzsteuer berechnet wird

Am bequemsten geht es mit einem Umsatzsteuerrechner. Wer lieber den eigenen Kopf oder den Taschenrechner benutzt, rechnet so:

  • Betrag geteilt durch 110 mal 19 = 19 % Umsatzsteuer
  • Betrag geteilt durch 107 mal 7 = 7 % Umsatzsteuer

Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragen

Wer sich für die Regelbesteuerung entscheidet, kann und sollte eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragen. Das geht täglich zwischen 05:00 und 23:00 Uhr bequem online direkt beim Bundeszentralamt für Steuern. Kosten fallen dafür nicht an. Allerdings kann es ein paar Tage dauern, bis dein Finanzamt die Informationen weitergeleitet hat. Willst du den Prozess verschnellern, faxt du am besten den Bescheid deines Finanzamtes zusammen mit deinen Daten zu.

Folgende Informationen musst du im Online Formular angeben:

  • Das für die Besteuerung zuständige Finanzamt
  • Deine Steuernummer
  • Die Rechtsform deines Unternehmens
  • Den Namen deines Unternehmens und den Unternehmenssitz (Straße, Postleitzahl, Ort)
  • Bei Einzelunternehmen deinen Namen Vornamen und dein Geburtsdatum

Den Stand der Bearbeitung erfährst du sofort nach Absenden der Daten. Ist alles in Ordnung, hast du in wenigen Daten einen Brief mit deiner Umsatz-Identifikationssteuernummer im Briefkasten. Diese Nummer gilt lebenslang. Es ist egal, wie viele Unternehmen du im Laufe deines Lebens gründest: Die erhaltene Umsatz-Identifikationsnummer gilt für alle.

Wofür die Umsatz-Identifikationsnummer wichtig ist

Eine Umsatz-Identifikationsnummer ist sinnvoll, wenn du europaweit Waren oder Dienstleistungen an Geschäftskunden oder Agenturen verkaufst. Hat dein Kunde ebenfalls eine Umsatzidentifikationssteuernummer, wird die Rechnung ohne Umsatzsteuer ausgestellt. Zusätzlich muss der Hinweis: „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ auf die Rechnung. Grund dafür ist, dass die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht.

Welche Angaben auf die Rechnung gehören

Zu den Pflichtangaben gehören:

  • Ausstellungsdatum
  • vollständige Adresse des Leistungserbringers
  • Steuernummer, wobei bei Rechnungen in Deutschland entweder die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angegeben werden darf. Bei Rechnungen ins EU-Ausland ist die Umsatzsteuer-ID Pflicht.
  • vollständige Adresse des Leistungsempfängers
  • fortlaufende Rechnungsnummer, die aus Ziffern, aber auch aus Buchstaben und Ziffern bestehen darf
  • Zeitpunkt der Lieferung (Monat oder Kalenderwoche genügen)
  • Leistungsbeschreibung
  • Brutto- und Nettosumme sowie der geltende Steuersatz von 7 % oder 19 %
  • bei Verkäufen ins EU-Ausland der Hinweis „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ beim Reverse-Change-Verfahren

Fazit

In den meisten Fällen lohnt sich die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung für Gründer und Freiberufler nicht. Egal, wie du dein Geld verdienst, du brauchst eine Erstausstattung für dein Büro. Minimal steht der Kauf von Computer, Drucker und Büromöbeln an. Das Geld, das du als Regelunternehmer sparst, weil du die Umsatzsteuer zurückbekommst, summiert sich schnell. Dazu kommt die professionellere Ausstrahlung.

Daher solltest du dir sehr genau überlegen, ob du dich von der Umsatzsteuer befreien lässt.

Hast du noch Fragen oder Anmerkungen zur Kleinunternehmerregelung? Dann lass es uns gern in den Kommentaren wissen!

Schreibe einen Kommentar