10 Anzeichen für eine Hochbegabung bei Kindern

Statistisch gesehen sind zwei von 100 Kindern hochbegabt. Für durchschnittlich Begabte klingt das wie der ganz große Wurf. Intelligenz wird automatisch mit beruflichem Erfolg und Glück gleichgesetzt. Für hochbegabte Kinder sieht die Realität oft anders aus: Sie fühlen sich unverstanden und isoliert. In der Schule werden sie als „Streber“ gemieden. Nicht selten überspringen sie eine Klasse, weil der Unterricht sie langweilt. Dadurch verlieren sie den Kontakt zu ihren wenigen Freunden. Andere Hochbegabte verwandeln sich bewusst in Klassenclowns. Von Gleichaltrigen gemocht zu werden, ist für sie wichtiger als gute Noten. Eltern und Lehrer fühlen sich oft mit der Situation überfordert. Wir verraten dir, wie du Hochbegabung bei Kindern erkennst und wie du Betroffene bestmöglich unterstützen kannst.

Es gibt bestimmte Anzeichen, die auf eine Hochbegabung im Kindesalter hinweisen. Selten treffen alle Merkmale gleichzeitig zu. Häufen sich die Merkmale allerdings, ist es wahrscheinlich, dass das Kind eine Hochbegabung aufweist. Bist du Elternteil eines Kindes oder hast du als pädagogische Fachkraft oder Lehrer mit Kindern zu tun, achte auf diese 10 Hinweise:

1. Kinder mit Hochbegabung „überspringen“ Entwicklungsstufen

Statt sich in Babysprache zu artikulieren, spricht das Kind Wörter von Anfang an richtig aus und bildet schnell komplette Sätze. Der Wortschatz geht deutlich über den altersüblichen Umfang hinaus. Dieser Prozess kann schon im Alter von wenigen Wochen beginnen. Es kommt ebenfalls vor, dass hochbegabte Kinder nicht krabbeln, sondern sofort mit dem Laufen beginnen.

2. Hochbegabte Kinder lernen selbstgesteuert

Automarken, Nummernschilder, Logos, Buchstaben und Zahlen ziehen hochbegabte Kinder an. Sie entwickeln dafür ein außergewöhnliches Interesse. Sie beginnen früh zu lesen und zu rechnen oder eine Fremdsprache zu lernen, oft aus eigenem Antrieb und ohne elterliche Anleitung. Als Hilfsmittel dienen Bücher oder das Internet.

3. Kinder mit Hochbegabung zeigen eine ungewöhnlich hohe Motivation zum Lernen

Die unbändige Lust am Lernen treibt hochbegabte Kinder an. Sie interessieren sich für unterschiedliche Themen, gehen mit offenen Augen wach durch die Welt und wollen immer mehr wissen. Was in Kindergarten oder Schule vermittelt wird, ist ihnen viel zu wenig. Teilweise führt das zu motorischer Unruhe. Die Kinder wirken zappelig, unaufmerksam und lassen sich schnell ablenken, was an ADHS erinnert und schlimmstenfalls zu falschen Diagnosen führen kann. Der Grund: „Das Gehirn arbeitet ständig auf Hochtouren, die Spannung muss sich motorisch, körperlich oder emotional entladen“, so die Psychologin und Pädagogik Sabine Meier, die einen Kindergarten für Kinder mit Hochbegabung geleitet hat.

4. Hochbegabte Kinder stellen (schwierige) Fragen

Wie entsteht Wind? Wo endet ein Regenbogen? Warum gibt es Armut? Wo liegt der Ursprung des Lebens? Kinder mit Hochbegabung gehen den Dingen gern auf den Grund. Philosophische und naturwissenschaftliche Themen, die man eher von älteren Kindern und Jugendlichen erwartet, beschäftigen Hochbegabte bereits in jungen Jahren. Darüber geraten Eltern manchmal in Erklärungsnot. Kinder mit Hochbegabung wollen naturwissenschaftliche Phänomene erfassen. Dementsprechend „löchern“ sie auf der Suche nach Antworten Bezugspersonen und Lehrer. Ihr Gehirn braucht permanenten Input. Sie lechzen nach intellektueller Beschäftigung und echten Herausforderungen, an denen sie wachsen können. Dementsprechend wichtig ist für hochbegabte Kinder der Austausch mit Menschen, die ihnen etwas beibringen können. Ältere Jugendliche und Erwachsene sind ihre bevorzugten Kontaktpersonen. Zu Gleichaltrigen fehlt ihnen meistens die Verbindung. Gemeinsamkeiten gibt es kaum. Sie gehen in der Regel keinen altersüblichen Beschäftigungen nach, sondern spielen Instrumente wie Violine und Klavier.

5. Autoritäten werden von Kindern mit Hochbegabung nicht grundlos akzeptiert

Hochbegabte Kinder hinterfragen die Entscheidungen von Autoritäten (Eltern, Lehrern, Ärzten etc.) und wollen Entscheidungen erklärt bekommen. Verstehen sie den Sinn hinter einer Anweisung, halten sie sich an die Vorgabe. Ist ihnen eine Anordnung nicht schlüssig, befolgen sie sie nicht. Willkür nach dem Motto: „Du tust das, weil ich es sage!“ akzeptieren sie nicht.

6. Hochbegabte Kinder schlafen wenig

Lesen bis in die Nacht oder heimliches Lernen unter der Bettdecke sind für Kinder mit Hochbegabung nicht ungewöhnlich. Ihr Gehirn verlangt nach sinnvoller Beschäftigung. Ihr Wissensdurst ist kaum stillbar. Meistens gehen sie spät ins Bett und sind morgens in aller Frühe wieder auf den Beinen.

7. Kinder mit Hochbegabung fühlen sich in Kindergarten und Schule unterfordert

Die typischen Kinderspiele langweilen sie ebenso wie der Austausch mit Gleichaltrigen. Sie sondern sich ab, bleiben lieber für sich. In der Schule werden sie aufgrund ihrer Leistungen als „Streber“ wahrgenommen. Nicht selten hängt ihnen der Ruf des Besserwissers an. Beliebt sind sie nur, wenn es darum geht, die Hausaufgaben abzuschreiben. Aufgrund ihres ausgeprägten Gerechtigkeitssinns lassen hochbegabte Kinder das allerdings oft nicht zu. Das verschlimmert ihren Stand im Klassenverband zusätzlich. Fachlich scheint ihnen alles zuzufliegen. Sozial sind sie häufig isoliert. Während andere Kinder stundenlang hochkonzentriert über Schulbüchern brüten und Nachhilfe in Anspruch nehmen müssen, brauchen sie den Stoff nur einmal kurz zu überfliegen. In den Unterrichtsstunden langweilen sie sich. Zu anspruchslos. Hochbegabte Kinder verfügen über ein hervorragendes Gedächtnis und möchten Gelerntes vertiefen statt endlos Grundlagen zu wiederholen.

Es gibt allerdings auch hochbegabte Kinder, die die Ausgrenzung aus dem Klassenverband fürchten. Sie merken, dass sie anders sind. Darum bemühen sie sich, in Arbeiten möglichst schlecht abzuschneiden, verweigern die Mitarbeit oder bringen die Gruppe als Klassenclown zum Lachen. Dahinter steckt häufig der Wunsch nach Anerkennung, Zugehörigkeitsgefühl und Aufmerksamkeit.

8. Hochbegabte Kinder sind perfektionistisch

Kinder mit Hochbegabung betrachten ihre eigenen Leistungen sehr viel kritischer als Eltern oder Lehrer. Gelingt ihnen etwas nicht auf Anhieb, kann das zu Enttäuschung und Wutausbrüchen führen. Sie sind erst mit sich zufrieden, wenn sie eine fehlerfreie Arbeit abgeliefert haben und wissen, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten das Beste geleistet haben. Sie steigern sich in ihre Aufgaben hinein und hören erst auf, wenn sie ein perfektes Ergebnis erzielt haben.

9. Kinder mit Hochbegabung stehen emotional auf einer Stufe mit Gleichaltrigen

Sie mögen intellektuell sehr viel weiter sein als die meisten Erwachsenen. Emotional sind sie dennoch altersentsprechend aufgestellt. Ein 13-jähriges hochbegabtes Mädchen steckt genauso mitten in der Pubertät wie durchschnittlich begabte Gleichaltrige. Oft werden sie aufgrund ihrer komplexen Gedankengänge als reifer betrachtet, als sie sind. Aber in ihrem Wunsch nach Lob und Anerkennung, dem Bedürfnis, verstanden zu werden und in ihrer Sehnsucht nach Verbundenheit unterscheiden sich Kinder mit Hochbegabung durch nichts von anderen Kindern.

10. Hochbegabte Kinder suchen die intellektuelle, nicht die körperliche Auseinandersetzung

Im Kindergarten wird üblicherweise gerauft, bei Auseinandersetzungen geschubst oder sogar geschlagen. Kinder mit Hochbegabung versuchen, Konflikte verbal zu lösen. Dabei hilft ihnen ihre sprachliche Kompetenz. Bei Gleichaltrigen stößt das auf wenig Verständnis. Deswegen kommt es vor, dass hochbegabte Kinder in körperliche Auseinandersetzungen verwickelt werden, obwohl sie das vermeiden wollen.

Ab welchem IQ spricht man von Hochbegabung?

Ab einem ermittelten IQ-Wert von 121 gilt man als „begabt“. Menschen mit einem IQ von über 130 werden als „hochbegabt“ eingestuft. Der Durchschnitt der Deutschen erreicht in wissenschaftlich anerkannten, standardisierten Intelligenztests Werte zwischen 90 und 110. (siehe auch unser IQ Test)

Was ist Hochbegabung im Kindesalter

Eine einheitliche Definition von Hochbegabung gibt es nicht. Im Allgemeinen bedeutet der Begriff, dass ein Kind Gleichaltrigen in seiner Entwicklung voraus ist. Hochbegabte Kinder fallen durch außergewöhnliche intellektuelle und / oder kreative Leistungen auf. Dazu gehören eine schnelle Auffassungsgabe, exzellente Merkfähigkeit, früher Spracherwerb mit überdurchschnittlich hohem Wortschatz, ungewöhnliche Gedankengänge, eine hohe Differenzierungsfähigkeit, Motivation und Freude am Lernen. Oft spielen hochbegabte Kinder schon mit vier Jahren virtuos Klavier oder Violine. Standardisierte Intelligenztests wie der Wechsler Intelligence Scale for Children (WISC-V) und den Hamburg-Wechsler-Intelligenztests für Kinder (HAWIK-IV) sorgen bei einem Verdacht auf eine überdurchschnittliche Intelligenz für Klarheit.

Wie häufig kommt Hochbegabung bei Kindern vor?

Statistisch gesehen werden zwei von 100 Kindern als hochbegabt eingestuft. In Deutschland leben rund 300.000 hochbegabte Kinder und Jugendliche unter 18. Bei der Hochbegabung handelt es sich um ein Potenzial zu intellektueller Höchstleistung. Wird diese besondere Gabe im Kindesalter nicht erkannt und die Fähigkeiten nicht ausgebaut, verlieren sich die überdurchschnittlichen Leistungen mit der Zeit. Entscheidend ist eine gezielte Begabten- und Hochbegabtenförderung.

Genetik oder Umweltfaktoren? Wie entsteht Hochbegabung?

Teilweise ist Hochbegabung genetisch bedingt, teilweise Einflüssen aus dem Umfeld zu verdanken. Kinder lernen in den ersten Lebensjahren mehr als danach je wieder möglich ist. Dementsprechend wichtig ist die Förderung von Anfang an: Fremdsprachen, Musik, Naturwissenschaftsunterricht. Je mehr hochbegabte Kinder kennen lernen, desto höher fällt ihre Leistung aus.

Wie können Eltern ein Kind mit Hochbegabung fördern?

Naturwissenschaftliche Kurse, Sprachunterricht durch muttersprachliche Privatlehrer, Reisen, Museums- und Ausstellungsbesuche oder die Teilnahme an Seminaren an der Universität sind denkbare Wege, um das hochbegabte Kind zusätzlich zu fördern. Auch bietet sich der Besuch einer Musikschule oder musikalischer Privatunterricht an. Interessieren sich die Kinder für Sport, sollte auch dieser Bereich nicht vernachlässigt werden. Computer und Internet bieten eine Fundgrube an Lernmöglichkeiten. Lehrmaterialien, Online-Seminare, eBooks – heutzutage kann man im Selbststudium sehr viel Wissen erwerben.

Hochbegabte Kinder in der Schule – Was können Lehrer tun?

In der Theorie sollte der Unterricht an der Regelschule so gestaltet sein, dass alle Kinder gefördert werden. Aber bei Klassenstärken von bis zu 30 Schülern ist das nicht möglich. In der Praxis fühlen sich Lehrer von hochbegabten Schülern häufig überfordert. Das ständige Hinterfragen und das Bedürfnis, zu dem, was der Lehrer erzählt, ergänzende Informationen beizusteuern oder zu verlangen, wird von Lehrerseite als störend empfunden. Es gibt hochbegabte Kinder, die viel Aufmerksamkeit einfordern. In dieser Zeit geht allerdings der Unterricht nicht voran. Die anderen Schüler werden unruhig und laut. Wird stattdessen der hochbegabte Schüler ignoriert, kann es passieren, dass er anfängt, zu stören (Zurufe, Unruhe, Verärgerung).

Eine Möglichkeit, Hochbegabte zu beschäftigen, sind herausfordernde Zusatzaufgaben. Äußert sich die Hochbegabung in sämtlichen Fächern, kommt das Überspringen einer oder mehrerer Klassen in Frage. Das wäre eine Möglichkeit, dem Kind intellektuelle Herausforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. Nicht immer ist das die beste Lösung. Hochbegabte Kinder haben keinen großen Freundeskreis. Verlassen sie den Klassenverband, verlieren sie möglicherweise ihre einzigen positiven Kontakte.

Einfach ist diese Situation für niemanden. Manche Lehrer fühlen sich in ihrer Autorität erschüttert, wenn sie von einem Kind hinterfragt, kritisiert oder korrigiert werden. Sie sitzen am längeren Hebel und geben am Ende die Noten. Hochbegabung ist ein überaus neidbesetztes Thema. Kinder und Erwachsene reagieren ähnlich darauf. Es erscheint Normalbegabten unglaublich unfair, dass sie intensiv lernen müssen – häufig dennoch mit mäßigem Schulerfolg – während andere Top-Noten scheinbar geschenkt bekommen. Hochbegabte Kinder möchten keine Außenseiter sein. Statt Ermutigung und Förderung erfahren junge Menschen mit Hochbegabung häufig Ablehnung von allen Seiten. Das Ergebnis? Einige erzielen in Klassenarbeiten und Klausuren absichtlich durchschnittliche Noten. Sie lernen zu schweigen und ihr Wissen für sich zu behalten, um nicht mehr aufzufallen. Das einzige, was hilft: Kinder auf Schulen geben, in denen auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird. Das erspart ihnen viel Leid.

Hochbegabung und Hochsensibilität

Die Sinne von Hochbegabten sind häufig besonders geschärft. Alles ist intensiver: Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen. Hochsensible nehmen die Welt um sich herum differenzierter wahr.

Hochbegabte Kinder: Ist späterer beruflicher Erfolg garantiert?

Nein. Hochbegabung geht nicht zwingend mit beruflichem Erfolg einher. Hochbegabte Erwachsene kämpfen in der Arbeitswelt häufig mit Neid und Vorurteilen. Eine repräsentative Studie der Psychologin Tanja Gabriele Baudson von der Universität Duisburg-Essen, die in Kooperation mit dem Hochbegabtenverein „MinD – Mensa in Deutschland“ durchgeführt wurde, ergab: Die Gesellschaft hat ein überwiegend negatives Bild von Hochbegabten. Rund zwei Drittel der Befragten stufen hochbegabte Menschen als schwierig im Umgang ein. Das wirkt sich auch im Job aus.

Mit banalem Small Talk können Hochbegabte in der Regel wenig anfangen. Sie würden lieber über Sachthemen sprechen, statt Energie mit Nebensächlichkeiten wie Frisuren, das Wetter oder das Fernsehprogramm zu verschwenden. Die Langsamkeit, mit der in Unternehmen neue Ideen aufgegriffen und umgesetzt werden, führt ebenfalls zu Frustration. Müssen hochbegabte Menschen als Führungskräfte Kollegen Wissen vermitteln, fällt es ihnen schwer, das auf für Normalsterbliche verständliche Weise zu tun. Die nötige Geduld bringt beim Erklären nicht jeder Hochbegabte auf. Das macht sie teilweise unbeliebt, weil sie ungewollt arrogant und besserwisserisch erscheinen. Mit der Hochbegabung am Arbeitsplatz hinter dem Berg zu halten, wie vielfach empfohlen wird, heißt jedoch, dass das Potenzial nicht voll ausgeschöpft wird. Firmen gehen dadurch wertvolle Ressourcen verloren.

Ist es nun ein Fluch oder Segen?

Eine Hochbegabung zeigt das Potenzial eines Menschen. Wird es nicht gefördert, verkümmert es. Die gesellschaftlichen Strukturen wie der verpflichtende Schulbesuch und Vorurteile machen es hochbegabten Kindern schwer, sich mit ihren Fähigkeiten einzubringen und ihre Kenntnisse sinnvoll zu nutzen. Stattdessen passiert, was nicht passieren sollte: Aufgrund von Mobbing in der Schule werden die Noten bewusst verschlechtert, um Ausgrenzung zu verhindern und nicht als „Freak“ zu gelten. Am Arbeitsplatz führen Neid und Vorurteile aus dem Kollegenkreis dazu, dass zum Verstecken der eigenen Fähigkeiten geraten wird.

Hilfe und Unterstützung für hochbegabte Kinder

Einige Stellen haben sich darauf spezialisiert, hochbegabten Kindern und ihren Eltern zu helfen:

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