Macht Geld wirklich glücklich?

Geld allein macht nicht glücklich! Oder doch? Sind diejenigen unter uns, die gut verdienen, tatsächlich glücklicher? Oder ist Geld letztlich eben doch nicht alles? Wir sind diesen Fragen einmal nachgegangen – mit überraschendem Ergebnis.

Ist Geld ein Glücksbote?

Finanzielle Freiheit wirkt Psychologen zufolge ungemein beruhigend. Eine wenig überraschende These. Ohne Geldsorgen lässt es sich schließlich in der Tat gleich viel entspannter leben. Aber ist Geld tatsächlich auch ein Glücksbote? Sind diejenigen, die finanziell unabhängig sind oder gar ausgesorgt haben, wirklich glücklicher? Streben wir (ob bewusst oder unterbewusst) tatsächlich alle danach, möglichst viel zu verdienen, um ein glückliches, sorgenfreies Leben zu führen? Ist das Geld, das wir verdienen, also mit Abstand der beste Motivator bei der Arbeit?

Nun, in der Tat basieren die meisten Arbeitsstrukturen und Organisationen auf der Annahme, dass die monetäre Entlohnung der wesentliche Anreiz für eine gute Arbeitsleistung ist. Je mehr ein Unternehmen seinen Mitarbeitern bezahlt, desto zufriedener und glücklicher sind sie, desto motivierter gehen sie an die Arbeit und desto höher ist letztlich ihre Produktivität. Das sollte man zumindest meinen…

Das besagen Umfragen zu diesem Thema:

  • Eine Umfrage zur Arbeitsmotivation der Stellenbörse Stepstone in Kooperation mit der Unternehmensberatung Hay Group unter rund 18.000 Fach- und Führungskräften brachte ein überraschendes Ergebnis zutage. 47 Prozent der Befragten verneinten die Frage danach, ob sie sich durch eine Gehaltserhöhung zusätzlich anspornen lassen. Auch variable Vergütungsanteile (Prämien oder Boni) wirken der Umfrage zufolge nur bedingt. 56 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben sogar an, sich ab einem variablen Gehaltsbestandteil von 30 Prozent eher unter Druck gesetzt als zusätzlich motiviert zu fühlen. Motivation ist demzufolge keineswegs käuflich – ebenso wie Zufriedenheit und letztlich auch Glück.
  • Freude an der Arbeit ist für die meisten Arbeitnehmer wichtiger und motivierender als ein hohes Gehalt. Zu diesem Ergebnis gelangte Orange Consulting im Rahmen einer Umfrage zum Thema „Mehr Freude am Job“. Rund 70 Prozent der 1.081 befragten Berufstätigen gaben an, an einem „Freude-Defizit“ zu leiden – unabhängig davon, was diese verdienten. Lediglich 30 Prozent der Befragten sagten, mehrmals täglich Freude im Job zu empfinden. Dieses „Freude-Defizit“ lässt sich keinesfalls mit Geld aufwiegen, wie ein weiteres Ergebnis der Umfrage belegt. 39 Prozent aller Befragten signalisierten nämlich die Bereitschaft, für mehr Freude am Job sogar ein geringeres Gehalt in Kauf nehmen zu wollen. Auch diese Umfrage stützt also das Ergebnis der Umfrage der Hay Group, dass man Motivation und Glück nicht (er)kaufen kann.

Geld allein macht demzufolge nicht glücklich und ist nur bedingt ein Glücksbote. Aber decken sich diese Umfrageergebnisse auch mit den Ergebnissen wissenschaftlicher Studien?

Auch die Wissenschaft beschäftigte sich bereits häufig mit der Frage, in welchem Zusammenhang Geld und Glück stehen. Zwar erscheint die These, dass Geld allein nicht glücklich macht, nicht gerade per se wissenschaftlich. Dennoch ist diese Volksweisheit quasi die Ausgangsbasis zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen – und diese brachten überraschende Ergebnisse zutage. Welche? Wir verraten es euch!

Größtmögliches Lebensglück erreichen wir bei einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro!

Eine Studie der Wissenschaftler Daniel Kahnemann und Angus Deaton besagt, dass zwar viele Menschen glauben, sie wären glücklicher, wenn sie mehr Geld verdienen würden, tatsächlich lässt sich diese Aussage aber nur bis zu einem bestimmten Einkommen bestätigen. Der Studie zufolge erreichen die meisten Menschen nämlich bei einem Jahreseinkommen von rund 60.000 Euro ein Maximum an Lebensglück. Ein höheres Jahreseinkommen ist eine „nette“ Zugabe, glücklicher machen Beträge über 60.000 Euro Jahreseinkommen jedoch nicht.

Woran das liegt? Nun, dem Gesetz des sogenannten „abnehmenden Grenznutzens“ zufolge nimmt die Zufriedenheit von Menschen bei steigendem Einkommen zu, allerdings sinkt gleichzeitig der Grenzzuwachs. Die Zufriedenheit steigt also relativ zum steigenden Einkommen mit einer abnehmenden Rate. Soll heißen: Der Grenzzuwachs einer Zunahme des Jahreseinkommens von ursprünglich 20.000 Euro auf 30.000 Euro ist deutlich stärker als der einer Erhöhung von 80.000 auf 90.000 oder von 100.000 auf 200.000 Euro. Denn zwar kann eine Person ein monatliches Einkommen von rund 2000 Euro in einer bestimmten Zeit ausgeben, der Nutzen weiterer Einnahmen steigt aber nicht proportional ins Beliebige. Ein Einkommen von 200.000 Euro im Monat hat also nicht den 100-fachen Nutzen für dieselbe Person, da zahlreiche Bedürfnisse bereits mit einem Einkommen von 2000 Euro befriedigt werden konnten.

Das Gesetz des „abnehmenden Grenznutzens“ einfach erklärt:

Wenn wir Hunger haben und eine Butterbrezel essen, können wir dadurch unseren Hunger zumindest teilweise stillen. Sollten wir anschließend immer noch Hunger verspüren, können wir eine weitere Butterbrezel essen. Mit der dritten, vierten oder fünften Brezel befriedigen wir hingegen in der Regel nicht mehr unseren Hunger, sondern lediglich unsere Lust. Essen wir gar die sechste oder siebte Brezel, wird uns womöglich sogar schlecht werden. Der zusätzliche (Grenz-)Nutzen der siebten Butterbrezel ist also sogar negativ. Denn: Satt ist satt. Und ein Sättigungsgefühl wurde vermutlich bereits mit der zweiten oder dritten Brezel erreicht.

Dieses Beispiel lässt sich auch auf den Zusammenhang von Glück und Geld übertragen. Haben wir ein Jahreseinkommen erreicht, das es uns ermöglicht alle unsere Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen, sind wir quasi „gesättigt“. Und den Wissenschaftlern Kahnemann und Deaton zufolge erreichen wir dieses „Sättigungsgefühl“ bei einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro.

Eine Gehaltserhöhung motiviert uns maximal 4 Jahre!

Wissenschaftlern der Universität Basel zufolge motiviert eine Gehaltserhöhung nur für einen Zeitraum von maximal 4 Jahren. Zwar sorgt die Gehaltserhöhung der Studie zufolge kurzfristig für mehr Zufriedenheit, dieser Effekt verpufft jedoch mit der Zeit. Denn: Nach einem kurzfristigen Motivationsschub setzt ein Gewohnheitseffekt ein. Wohingegen man das Gehaltsplus zu Beginn noch deutlich merkt, ist es mit der Zeit normal und nichts Besonderes mehr. Die Studie zeigt außerdem, dass die Gehaltserhöhung vor allem dann motiviert, wenn das Gehalt (gefühlt) das der anderen Kollegen übersteigt.

Eine Gehaltserhöhung motiviert uns erst ab einem Plus von 7 Prozent!

Dass Gehaltserhöhung nicht gleich Gehaltserhöhung ist, belegt auch eine andere Studie. Atul Mitra, Management-Professor an der Universität von Northern Iowa, untersuchte intensiv, ab welchem Plus eine Gehaltserhöhung motivierend wirkt. Das Ergebnis: Erst ab einem Plus von 7 Prozent fühlen sich Mitarbeiter ausreichend gewürdigt.

Geld hebt nicht zwangsläufig und nicht dauerhaft unsere Laune!

Untersuchungen des bereits unter Punkt 1 erwähnten Nobelpreisgewinners und Wirtschaftspsychologen Daniel Kahnemann ergaben, dass sich reiche Menschen keinesfalls häufiger den angenehmen Dingen des Lebens widmen als weniger wohlhabende. Vielmehr kehren Menschen schnell wieder in ihre alten Rollenmuster zurück. Wer also mehr Geld für sich verbuchen konnte, sei es durch eine Gehaltserhöhung, einen Lotteriegewinn et cetera, wird nach einer kurzen Phase der Eingewöhnung wieder ganz „der Alte“ sein. Soll heißen: Der Zufriedene bleibt zufrieden, der Genügsame bleibt genügsam und der Jammerer jammert – ganz gleich, wie viel Geld er hat.

Geld macht uns unglücklich!

Der Sozialpsychologin Marsha Richins von der Universität von Missouri in Columbia zufolge macht Geld nicht nur nicht glücklich, sondern sogar unglücklich. Denn: Wer in seinem Handeln vor allem finanzielle Ziele anstrebt, macht sein Lebensglück von extrinsischen Faktoren abhängig. Und diese extrinsischen Faktoren müssen immer weiter gesteigert werden. Die Folge: Das Ziel und somit das Glück wird letztlich nie erreicht.

Des Weiteren, so die Erkenntnis der Sozialpsychologin, haben diejenigen, die sich über ihren Besitz definieren und ihr Glück von extrinsischen Faktoren abhängig machen, oftmals mit folgenden Sorgen zu kämpfen:

  • sie fühlen sich unsicher, wie echt ihre Freundschaften sind
  • sie leiden an Ängsten, jemand könnte sie bestehlen oder überfallen
  • sie trinken mehr Alkohol und nehmen häufiger Drogen als andere.

Weitere Faktoren also, die die These stützen, dass Geld nicht nur nicht glücklich, sondern sogar unglücklich macht.

Was den meisten Menschen wichtiger ist

Viel wichtiger als der „schnöde Mammon“ ist den meisten Menschen, wie bereits im Zusammenhang mit der Studie des Unternehmens Orange Consulting erwähnt, die Freude am Job. Und Freude und Zufriedenheit erreicht man nicht durch Geld. Das ist inzwischen auch bei vielen Arbeitgebern angekommen. Um ihre Mitarbeiter zu motivieren, belohnen sie deren Arbeit nicht einzig durch Gehaltserhöhungen, Prämien, Boni oder dergleichen, sondern gewähren ihnen größtmögliche Selbstbestimmung und Flexibilität. Hierzu setzen viele Unternehmen bereits auf sogenannte New Work Modelle, die den Mitarbeitern beispielsweise in puncto Arbeitsort, Arbeitszeiten, Arbeitseinteilung et cetera größtmögliche Autonomie bieten. Das Ziel liegt hierbei klar auf der Hand: Größtmögliche Autonomie führt zu zufriedenen und motivierten Mitarbeitern. Es geht also immer weniger um Arbeitskontrolle, sondern um Vertrauen. Selbstbestimmung gilt inzwischen als die treibende Kraft für Produktivität – und auch für Zufriedenheit und Glück.

Fazit

Geld ist nicht alles – auch nicht im Job. Und schon gar nicht auf lange Sicht. Denn: Ein guter Verdienst wiegt schlechte Arbeitsbedingungen keinesfalls auf. Wer sich wie in einem Hamsterrad fühlt und immer nur funktioniert, ohne jemals Freude im Job zu empfinden, wird auch nach einer Gehaltserhöhung nicht glücklich sein.

Dennoch kann man das Glück womöglich noch finden und die Freude am Job (wieder)erlangen. Wie man aus dem Hamsterrad vielleicht doch ein Glücksrad machen kann, erfahrt ihr hier.

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