Großraumbüros: Regeln, Vor- und Nachteile

Großraumbüros erfreuen sich bei Arbeitnehmern nicht unbedingt größter Beliebtheit. Dabei sind sie eigentlich besser als ihr Ruf. Zumindest, wenn sich alle dort arbeitenden Personen an gewisse Regeln halten. Dann nämlich bringt die Arbeit in einem Großraumbüro durchaus auch Vorteile mit sich.

Welche Regeln in einem Großraumbüro gelten und welche Vor- aber auch Nachteile es bietet, verraten wir euch in diesem Artikel.

Definition Großraumbüro: Ab wann ein Büro als Großraumbüro gilt

Bei einem Großraumbüro handelt es sich ganz allgemein gesprochen um ein Bürokonzept mit großer Grundfläche, auf der sich eine (mindestens) zweistellige Anzahl an Einzelarbeitsplätzen befindet. In einem Großraumbüro arbeiten also zahlreiche Mitarbeiter in einem großen, offenen Raum.

Um Arbeitnehmer, die in einem Großraumbüro tätig sind, vor „Legebatterie-artigen“ Zuständen zu schützen, macht die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) klare Vorgaben bezüglich der genauen Abmessungen solcher Großraumbüros. So hat der Arbeitgeber laut ArbStättV Arbeitsräume bereitzustellen, die eine ausreichende Grundfläche und Höhe sowie einen ausreichenden Luftraum aufweisen, damit die Beschäftigten ohne Beeinträchtigung ihrer Sicherheit, ihrer Gesundheit oder ihres Wohlbefindens ihre Arbeit verrichten können.

In den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) werden diese Anforderungen der ArbStättV noch einmal konkretisiert. Dort heißt es:

„Großraumbüros sind organisatorische und räumliche Zusammenfassungen von Büro- oder Bildschirmarbeitsplätzen auf einer 400 m² oder mehr umfassenden Grundfläche, die mit Stellwänden gegliedert sein können.“ (ASR A1.2)

Als Mindestgrundfläche für ein Großraumbüro werden somit 400 m² erachtet. Die einzelnen Arbeitsplätze sollten durch Raum bildende Elemente wie Stellwände, Schränke oder Raum-in-Raum-Systeme strukturiert sein. Bei der Gestaltung der Arbeitsplätze ist gemäß ASR A1.2 je Arbeitsplatz von einer Mindestfläche von 12 m2 bis 15 m2 auszugehen.

Zugegeben, klingt nicht sehr komfortabel. Der schlechte Ruf der Großraumbüros kommt somit nicht von ungefähr. Dennoch kann das Arbeiten in einem Großraumbüro funktionieren. Mehr noch. Die Arbeit in einem Großraumbüro kann durchaus effizient und fruchtbar sein – sofern ein gutes Arbeitsklima herrscht und alle Kollegen an einem Strang ziehen. Andernfalls kann das Arbeiten in einem Großraumbüro in der Tat auch zur Qual werden.

Büro-Knigge: Welche Regeln in einem Großraumbüro gelten

Damit im Arbeitsalltag ein Miteinander und kein wildes Durcheinander herrscht, müssen in einem Großraumbüro bestimmte Regeln gelten. Nur so kann das Zusammenarbeiten auf solch engem Raum funktionieren. Folgende Regeln sollte daher jeder Mitarbeiter verinnerlichen:

Rücksicht aufeinander nehmen

Die oberste Großraumbüroregel lautet: Rücksichtnahme. Es gehört zum guten Ton, Kollegen um Erlaubnis zu fragen, wenn man in einem Großraumbüro z.B. das Fenster öffnen, die Heizung aufdrehen oder sich etwas ausleihen möchte. Nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme kann das Miteinander in einem Großraumbüro funktionieren.

Regelungen für das Miteinander befolgen (z.B. Kaffeeplan, Putzplan etc.)

In einem Großraumbüro bedarf es darüber hinaus klare Regelungen für das Miteinander. Es sollte also beispielsweise ein Kaffeeplan existieren oder die Regelung getroffen werden, dass derjenige, der die Kaffeekanne leert, direkt neuen Kaffee aufsetzt. Auch bezüglich weiterer Gemeinschaftsräume wie z.B. der Küche sollten Regelungen existieren. So sollte die Gemeinschaftsküche IMMER in einem einwandfreien Zustand hinterlassen werden. Dazu gehört selbstverständlich auch, das eigene Geschirr zu spülen oder es in die Spülmaschine zu räumen. Auch hier lautet also das Schlagwort im Grunde wieder „Rücksichtnahme“. Weder die Kollegen noch Praktikanten sind als persönliche Putzkräfte zu betrachten.

Haltung bewahren

Natürlich kann man in einem Großraumbüro nicht mit jedem Kollegen befreundet sein. Es wird vielleicht auch den ein oder anderen Kollegen geben, der einem nicht liegt. Auch dann gilt es jedoch Haltung zu bewahren. Persönliche Befindlichkeiten haben in einem Großraumbüro keinen Platz. Das gilt auch für schlechte Laune. Man sollte es tunlichst vermeiden, diese an den Kollegen auszulassen. In einem Großraumbüro ist Professionalität gefragt – in jeglicher Hinsicht.

Rückzugsräume für Telefonate und Gespräche nutzen

Lautes Telefonieren oder laute Gespräche sind in einem Großraumbüro tabu. Schließlich stört man dadurch die Konzentration der Kollegen. Wer also ein längeres Gespräch führen muss, sei es privat oder beruflich, sollte sich hierfür einen Rückzugsraum suchen. Solche Rückzugsräume sollten in jedem Großraumbüro gegeben sein.

Lautstärke reduzieren

Generell sollte man in einem Großraumbüro die eigene Lautstärke herunterfahren – nicht nur beim Telefonieren und bei Gesprächen. Wer während der Arbeit öfter zum Smartphone greift, sollte beispielsweise die Tastentöne ausschalten, wer bei der Arbeit Musik hört, sollte Kopfhörer verwenden etc. Darüber hinaus sollte man beispielsweise auch nur ausdrucken, was wirklich notwendig ist. Denn auch der Drucker verursacht Lärm. Wer sich beim Drucken nur auf das Notwendigste beschränkt, schont also die Nerven der Kollegen – und auch noch die Umwelt.

Nicht penetrant sein

Trotz der offenen Raumgestaltung eines Großraumbüros sollte man nicht unangemeldet am Arbeitsplatz eines Kollegen auftauchen. Schließlich könnte der Kollege gerade mit wichtigen Dingen beschäftigt sein, die eine hohe Relevanz haben. Um die Konzentration nicht zu stören, sollte man idealerweise zunächst eine E-Mail schreiben oder interne Messenger-Apps nutzen, um beim Kollegen anzufragen, ob er kurz Zeit hat. Es sei denn, es handelt sich um den Kollegen am Arbeitsplatz direkt neben einem selbst. Dann ist auch ein kurzes „Herüberrufen“ erlaubt – die Betonung liegt jedoch auf KURZ.

Keine penetranten Gerüche verbreiten

Penetranz ist auch in puncto Gerüchen, die man verbreitet, ein absolutes No-Go in einem Großraumbüro. Es gilt also beispielsweise unangenehme Essensgerüche zu vermeiden. Gerichte, die erwärmt werden müssen, sollten grundsätzlich nicht am Platz gegessen werden. Und für Knoblauch gilt: erst nach Feierabend verzehren!

Nicht nur Essensgerüche sollten vermieden werden, auch sollte man besser keine schweren Parfüme benutzen. Und vor allem sollte man niemals zu viel auftragen. Andernfalls vernebelt man den Kollegen damit womöglich wortwörtlich die Sinne.

Gleitzeitmodell nutzen

Idealerweise sollte in einem Großraumbüro darüber hinaus Gleitzeit herrschen. Denn: Kommen Mitarbeiter unterschiedlich früh oder spät zur Arbeit und verlassen das Büro zu verschiedenen Zeiten, reduziert dies den Lärmpegel deutlich. Und Lärm ist einer der größten Nachteile, die Großraumbüros mit sich bringen (dazu später mehr). Gleitzeit trägt also dazu bei, die Geräuschkulisse in einem Großraumbüro zumindest zeitweise einzudämmen.

Welche Regeln es generell für ein gutes Miteinander bei der Arbeit zu beachten gilt (nicht nur in Großraumbüros), könnt ihr in unserem Artikel „25 No-Gos am Arbeitsplatz“ nachlesen.

Vorteile eines Großraumbüros

Großraumbüros können durchaus zu einem angenehmen, produktiven Arbeitsklima beitragen. Denn Großraumbüros warten – entgegen der landläufigen Meinung – auch mit vielen Vorteilen auf.

✔ Großraumbüros fördern die Zusammenarbeit

Großraumbüros ermöglichen eine unkomplizierte, schnelle und intensive Zusammenarbeit. Die Nähe zu Kollegen führt zu einem direkten Austausch untereinander und fördert somit die Produktivität.

✔ Großraumbüros symbolisieren einen kreativen Arbeitsalltag mit flachen Hierarchien

Die Nähe zu Kollegen, die in Großraumbüros herrscht, fördert jedoch nicht nur die Produktivität, sondern ganz allgemein das Miteinander. Jeder Kollege ist ohne große Umwege ansprechbar, Informationen können mühelos und schnell ausgetauscht werden und auch die Entscheidungsfindung geht in einem Großraumbüro zuweilen schneller vonstatten. Ein Großraumbüro symbolisiert somit einen kreativen Arbeitsalltag mit (meist) flachen Hierarchien. Auch, da in einem Großraumbüro – im Gegensatz zu Einzelbüros – nicht bereits die Bürogröße verdeutlicht, wer hier das Sagen hat.

✔ Großraumbüros ermöglichen mehr Flexibilität in der Raumgestaltung

Die Arbeitsplätze in einem Großraumbüro lassen sich besonders flexibel gestalten. Da meist lediglich mobile Gegenstände wie Trennwände, Rollcontainer, Tische und Stühle das Inventar bilden, ist eine anforderungsbezogene Umgestaltung der Büroflächen (z.B. für Teamarbeit) jederzeit möglich. Auch neue Mitarbeiter, die ggf. hinzustoßen, können ganz einfach in die bestehende Struktur eingebunden werden. Ohne großen Aufwand können in einem Großraumbüro jederzeit neue Arbeitsplätze entstehen. In einem Großraumbüro kann somit deutlich schneller auf personelles Wachstum reagiert werden.

✔ Großraumbüros bieten kurze Kommunikationswege

In einem Großraumbüro haben Arbeitnehmer jederzeit die Möglichkeit sich auf direktem Weg ganz unkompliziert mit ihren Kollegen abzustimmen oder diese bei Nachfragen zu kontaktieren. Denn: Die Kommunikationswege sind in einem Großraumbüro besonders kurz, häufig kann man sogar direkt zum Kollegen am Nachbarschreibtisch „herüberrufen“. Die direkte, persönliche Kommunikation wird somit vereinfacht.

✔ Großraumbüros vereinfachen Kooperationen

Auch Kooperationen sind in einem Großraumbüro jederzeit ganz unkompliziert möglich. Der direkte Kontakt zu den Kollegen fördert die Zusammenarbeit und somit letztlich auch den Gemeinschaftssinn.

Nachteile eines Großraumbüros

Leider wartet ein Großraumbüro jedoch auch mit Nachteilen auf, die der Arbeit in einem Großraumbüro keinen allzu guten Ruf bescheren.

✖ In Großraumbüros herrscht akustische Unruhe

Der wohl größte Nachteil eines Großraumbüros liegt auf der Hand: es herrscht dort ein relativ hoher Geräuschpegel, der konzentriertes Arbeiten erschwert. Nicht nur die Kollegen sorgen in einem Großraumbüro für eine teils unangenehme Geräuschkulisse, auch Kopierer im Raum, das Tippen auf Tastaturen oder Türen, die ständig geöffnet werden, tragen zu einem gewissen Grundlärmpegel bei. Nicht jedem fällt es leicht, hierbei konzentriert zu bleiben.

✖ In Großraumbüros herrscht visuelle Unruhe

Nicht nur akustisch, auch visuell wartet ein Großraumbüro mit vielen Ablenkungen auf, die ein störungsfreies Arbeiten erschweren. So sorgen z.B. die vergleichsweise langen Wege zu Gerätschaften wie Kopierer oder anderen Büroutensilien für permanente visuelle Reize, da alle Kollegen diese Wege zurücklegen müssen, um zum Kopierer etc. zu gelangen. Läuft permanent ein Kollege am eigenen Schreibtisch vorbei, kann dies die Konzentration stark beeinträchtigen.

✖ In Großraumbüros mangelt es an Privatsphäre

Privatsphäre ist in einem Großraumbüro kaum gegeben. Die Kollegen bekommen einfach alles mit. Viele Arbeitnehmer beklagen daher, dass sie sich bei der Arbeit in einem Großraumbüro häufig beobachtet und gestresst fühlen.

In einem Großraumbüro herrscht somit ein hohes Maß an sozialer Kontrolle. Kollegen und Chefs können jeden Schritt und jedes Telefonat verfolgen.

✖ Großraumbüros mangelt es an Tageslicht

Großraumbüros sind so konzipiert, dass möglichst viele Arbeitsplätze in einem Raum untergebracht werden. Auch im Rauminneren werden daher in der Regel Schreibtische und Arbeitsplätze installiert. Vor allem in diesen zentralen Bereichen fehlt es oftmals an Tageslicht. Daher ist in Großraumbüros auch nahezu stets künstliches Licht vonnöten. Das schadet auf Dauer nicht nur den Augen, sondern ist auch alles andere als energie- und umweltfreundlich.

✖ Großraumbüros erfordern hohen Aufwand für Klimatisierung

In Großraumbüros sorgt nicht nur künstliches Licht für eine negative Energie- und Umweltbilanz. Auch die Klimatisierung schlägt in diese Kerbe. Ohne Klimatisierung ist konzentriertes Arbeiten gerade im Hochsommer jedoch kaum möglich.

✖ Großraumbüros bergen Konfliktpotenzial

Verschiedenste Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen auf engstem Raum bergen ein gewisses Konfliktpotenzial. Dieses Konfliktpotenzial, das sich durch die Vielfalt an Persönlichkeiten ergibt, wird zusätzlich verstärkt, da sich Lautstärke, Klima und Beleuchtung in einem Großraumbüro nicht nach den individuellen Bedürfnissen der Einzelpersonen regulieren lassen. Es wird somit immer jemanden geben, der zurückstecken muss. Dadurch sinkt die Zufriedenheit der Mitarbeiter – und mit ihr unter Umständen auch die Produktivität.

Davon abgesehen kommen auch nicht alle Mitarbeiter eines Großraumbüros gleich gut miteinander aus. Da die Rückzugsmöglichkeiten in einem Großraumbüro jedoch sehr begrenzt sind, hat man häufig keine Chance, einander aus dem Weg zu gehen. Auch die fehlenden Rückzugsmöglichkeiten erhöhen also das Konfliktpotenzial.

✖ Großraumbüros weisen höhere Krankheitsrate aus

Einer Studie des Stress Research Instituts von Stockholm zufolge, sind Arbeitnehmer in Großraumbüros fast doppelt so häufig krank wie ihre Kollegen in kleineren Büroeinheiten. Großraumbüros wirken sich also auf die Gesundheit aus. Zum einen sorgt die Nähe der Arbeitsplätze für eine leichtere Krankheitsübertragung. Aufgrund der Menschenmenge kommt es zu einer Konzentration von Bakterien und Viren und somit gehäuft zur Ansteckung. Zum anderen spielt hierbei aber auch der verhältnismäßig hohe Stresspegel durch dauernde Hintergrundgeräusche und Ablenkungen eine Rolle.

Wie sich einer Ansteckung vorbeugen lässt, könnt ihr unserem Artikel „Erkältungs-Knigge fürs Büro: So verhältst du dich richtig“ entnehmen.

Fazit

Zugegeben, die Contra-Liste ist deutlich umfangreicher als die Pro-Liste. Nichtsdestotrotz bringt die Arbeit in einem Großraumbüro eben auch Vorteile mit sich. Ob man sich in einem Großraumbüro wohlfühlt, ist also sicherlich eine Typfrage.

Darüber hinaus hängen der Nutzen und der Erfolg eines Großraumbüros immer auch von der Arbeitsatmosphäre ab. Nur wenn die Arbeitsatmosphäre stimmt, kann das Konzept des Großraumbüros funktionieren.

Wie steht ihr zu Großraumbüros? Wir freuen uns über eure Kommentare 🙂

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